Kunst trifft Raum – eine 360 Grad Kunstperformance mit Spatial Audio
In Räumen Oldenburgs
Bei dem Kunstprojekt Kammerkultur in Oldenburger Räumen, das gemeinsam von dem Musiker Sebastian Netta (Münster) und der Künstlerin Yvonne Franke (Dortmund) entwickelt und realisiert wurde, steht der Prozess der künstlerischen Auseinandersetzung mit verborgenen Räumen durch die Aufzeichnung von 360 Grad Videos im Fokus.
Die geheimen oder mindestens nicht frei zugänglichen und nicht öffentlichen Räume dienen der künstlerischen Auseinandersetzung hinsichtlich Wirkung, Historie und Aura. In diesen Räumen wird eine 360 Grad Kamera installiert und die von Netta/Franke ausgewählten KünstlerInnen aufgefordert, sich spontan und frei mit diesen Räumen auseinanderzusetzen. Die Räumlichkeiten wurden zuvor besichtigt, ausgewählt und das Setting für die Filmaufnahmen geplant. Die ausgewählten Künstler betreten die Räume jeweils zum ersten Mal. Die Arbeit von Sebastian Netta umfasst, die Räume zu entdecken, zu erkunden, zu begreifen und zu entscheiden, welche KünstlerInnen zu diesen Settings integriert werden können. Yvonne Franke hat Setting und Licht inszeniert, sowie die Dokumentation vorgenommen und an den Konzeptionen intensiv mitgewirkt. Die Filmaufnahmen wurden mit einer 360 Grad Kamera und zusätzlich mit Spatial Audio aufgezeichnet. Durch diese Aufnahmeart ist es dem Betrachter möglich, den Raum, die Szenerie und die agierenden Künstler*innen durch individuelle Steuerung zu erfassen, zu begreifen und den für sich relevanten Ausschnitt zu wählen, während auch die Geräusche und die live gespielte Musik parallel 360 Grad hörbar wird, d. h. aufgrund des Spatial Audio werden die Bewegungen und der Sound „mitgedreht“. So entsteht ein realistischer Eindruck des Raums und der Geschehnisse darin. Sebastian Netta hat die technischen Details für die Aufnahmen mit der 360 Grad Kamera geplant und abgestimmt und die Auswahl der Musiker vorgenommen. Yvonne Franke hat das Setting geplant und Kunstwerke wie zB. die Tuschezeichnungen auf historischem Notenpapier für die Videoaufnahmen erarbeitet. Der Raum wurde mit Requisiten ausgestattet, wobei die Authenzität des Raumes nur verstärkt, jedoch nicht geschönt oder verändernd beeinflusst werden durfte. Lediglich minimale die Raumwirkung verstärkende Elemente, wie zum Beispiel Licht, wurden eingesetzt, um eine Aufzeichnung zu ermöglichen. Der Zuschauer wird somit zum aktiven Teil des Kunstwerks und Regisseur seines eigenen Erlebens. Alle Aufnahmen sind authentisch und unbearbeitet; eine künstliche Veränderung oder Zusammenschnitte an Sound, Inhalt oder Nachbearbeitungen werden ausdrücklich nicht vorgenommen. |
Um das Video in 360 Grad Modus zu sehen, müssen Sie anklicken unten links "Ansehen auf Youtube"
Aufnahmedatum: 22. Februar 2022
1.) Deutsches Volkslied
2.) Cello Suite No. 2 J.S.Bach D Moll BWV 1008
Die Oldenburger Cellistin Gerke Jürgens haben Netta/Franke auf den Dachboden des im Spätmittelalter 1502 erbauten und somit dem letzten mittelalterlichen Patrizierhaus Oldenburgs, dem Degode-Haus, mit freundlicher Genehmigung von Katharina Degode eingeladen.
Zuvor haben Netta/Franke sich mit der Historie des Hauses befasst und sich mit der Lebensgeschichte in dem Hause durch persönliche Gespräche mit Katharina Degode vertraut gemacht.
Dieser künstlerische Prozess wurde dann der Cellistin Gerke Jürgens präsentiert und diese gebeten, die Stimmung und Rahmenbedingungen (inkl. Frost und Feuchtigkeit durch einen nächtlich vorangegangenes Sturmtief) aufzunehmen und musikalisch zu integrieren. Im ersten Take arbeitet Gerke Jürgens an der Interpretation eines deutschen Volkslieds, das im 16. Jahrhundert komponiert wurde. Hier steht der Arbeitsprozess im Vordergrund, Gerke zeigt sich als arbeitende Musikerin, die keine Performance vor der Kamera versucht, sondern ihren Schaffensprozess. Im zweiten Take hat die Cellistin Gerke Jürgens die Cellosuite Nr. 2 in D-Moll von J.S. Bach gewählt, um den Raum in eine besondere Atmosphäre zu tauchen.
Setting: Botanischer Garten; Aufnahmedatum: 19.02.2022; Mediterraneum; Martin Flindt; Gitarre
Die Pflanzen werden zu Musikern: Ein Detektor misst die elektrischen Spannungsunterschiede, die bei einer Pflanze auf der Oberfläche entstehen und verwandelt die Informationen in MIDI-Daten, die ein Synthesizer in Sounds umsetzen kann. |
Diese spannende Technologie stellt einen Künstler vor die Herausforderung, sich den Klängen und der Unvorhersehbarkeit zu stellen. Ob es ein Dialog ist, muss der Zuhörer/Zuschauer entscheiden... Im vierten Take ist der Oldenburger Gitarrist Martin Flindt hinzugekommen, der ebenso wie Frau Jürgens, dieses Setting zuvor noch nicht erleben konnte. Martin Flindt wurde von Sebastian Netta gebeten in einen Dialog mit den Klängen der Pflanzen zu gehen, sich darauf einzulassen und mit dem Klang dieser zu interagieren. |
Im letzten Video hat Martin Flindt ein Lied angespielt, mit dem er sich in dem Mediteraneum sehr wohl gefühlt hat: A Felicidade (C. Jobim)
Kunstprojekt von Sebastian Netta in Zusammenarbeit mit Yvonne Franke, im Auftrag der Stadt Oldenburg; Video, Sound, Recording: Sebastian Netta (wuw-konzerte.de); Fotografie, Artwork, Raum-Design: Yvonne Franke
Recording Gear: Insta360 One X, H3-VR; Editing Software: Davinci Resolve Studio; Wir danken Johannes Füssel für seine Unterstützung und sein Know-How bei der technischen Umsetzung.